Freitag, 18. Juli 2014

Im Interview mit ... JAZA

Rap blüht im Jahre 2014 weiterhin: Während ein Kollegah einsam an der Chartsspitze seine Kreise zieht, sprießen immer neue Newcomer aus dem Boden. Auch die sollen bei TaCCreative einmal ihre Plattform bekommen, speziell, wenn sie eigentlich gar keine Newcomer mehr sind. So im Falle des 22-Jährigen Jaza, heute hier im Interview.



Deutschrap hat so viele verschiedene Sparten, Klänge und Einflüsse. Schon längst kommt Rap nicht mehr nur aus der Hauptstadt, schon gar nicht nur aus „Stuggi“. Da gibt es auch Leute wie Bbou, der ein klein wenig den Legendenstatus in Bayern genießt, weil er einer der wenigen ist, die Rap mit Dialekt tatsächlich sympathisch vermitteln können. Mittlerweile haben hier sogar schon Rapper aus deutschsprachigen Nachbarländern Fuß gefasst, RAF Camora und Gerard sind nur bekanntere, österreichische Beispiele. Bloß ein Nachbarland – Das verhält sich wie immer neutral und will nicht so recht ein paar bekannte Vertreter schicken. Kaum ein wiedererkennbares Gesicht gibt es zu sehen aus der Schweiz. Und dabei haben die doch auch starke Vertreter auf ihrem Gebiet! Leute wie der 22-jährige Alain, besser bekannt unter dem Künstlernamen Jaza. Seine bald 10-jährige Erfahrung merkt man ihm absolut an, wenn man in seine aktuelle EP „Struggle“ hineinhört. Von sich selbst sagt er, dass ein „dunkles Kapitel“ seines Lebens ihn und seinen Rap geprägt haben – Und das merkt man in jeder Sekunde. Für den kommerziellen Erfolg hinderlich sein könnte lediglich das Schweizerdeutsche. Nur schwer versteht man den gebürtigen Bieler auf seinen Werken durch die Sprachbarriere hindurch, in denen er eben jene Vergangenheit verarbeitet. Zum Glück ist Rap jedoch eine der wenigen Ausdrucksformen, die eben auch gut ohne das komplette Verständnis lebt. Die Emotionen, die Jaza in jeden Track packt, passen so gut in die Atmosphäre, dass es dieses Verständnis gar nicht braucht. Sehr ausgewählt, sehr bestimmt, sehr detaillastig wirkt beinah jeder Track des Schweizers. Passend dazu auch die stets stimmige Untermalung durch Beats, bei deren Entstehung er wohl seinen Produzenten stets die Hölle bereitet: „Meist ist es so, dass ich ein Thema im Kopf habe, das ich behandeln möchte. Ich suche also meine ganze Beatsammlung durch und hoffe, dass ich einen Beat finde, der zu diesem Thema passt. Diese Suche kann Wochen oder Monate dauern, da stehe ich mir oft selbst im Weg, weil ich so kritisch bin. Ich will, dass der Track exakt so wird, wie ich ihn in meiner Vorstellung habe.“

„Es sind die Emotionen, die meine Musik prägen, nicht der Klang.“

Für diese Suchzeit ist das Ergebnis dennoch akzeptabel. Jedes Jahr ein Release seit 2011 spricht aber auch dafür, bald Größeres hören zu wollen vom 22-Jährigen. „Ein Album möchte ich auf jeden Fall machen, ich weiß nur noch nicht wann der richtige Zeitpunkt dafür ist“, antwortet er auf die Frage, ob denn nicht bald einmal ein Longplayer in den Startlöchern stünde. Zeit wird es für Jaza, schließlich ist er keineswegs Neuling in der Rap-Szene.

Da gibt es schon 2007, zwei Jahre, nachdem sich der Bieler erstmals in Textbattles versuchte, erste musikalische Anläufe mit seiner Crew TASMatiC, die lange zusammen HipHop produziert und sogar einige Live-Gigs spielen darf. Bis die Crew letztendlich 2010 zerfällt. Zuerst will Jaza sich eine Auszeit gönnen, doch nach der Crew-Auflösung beginnt ein, wie er selbst immer wieder betont, „dunkles Kapitel". Die Liebe zum Rap gibt ihm Halt, seine Vergangenheit prägt seine Texte. Egal, was ihn damals belastete – Sein Rap hat dadurch nur eine weitere, persönlichere Ebene dazugekommen und präsentiert sich so, wie er heute eben ist: „Exakt, emotionsgeladen, dunkel, dynamisch, schweizerdeutsch“, wie Alain ihn selbst in 5 Worten beschreibt.


Jaza ist jedoch nicht nur Rappername, sondern steht für ein Gesamtprodukt. Seit seiner Kollabo-EP 2011 mit Kesco fertigt der 22-Jährige seine Cover stilecht selbst an. Das Ergebnis kann sich nicht erst seit diesem Jahr sehen lassen, auch wenn sein aktuelles Werk in Sachen Qualität und Exaktheit heraussticht. Im Interview erzählt er uns, was es mit dem Cover der "Struggle"-EP auf sich hat:
"Es war mir wichtig, dass das Cover halt den Struggle, die Armut und Probleme hervorhebt. Es zeigt ein Zimmer, das das Nötigste zum "wohnen" mit unserem Lebensstandard beinhaltet. Wer am strugglen ist, spart wo er kann.“
Gesamtprodukt trifft eigentlich auch seine Werke sehr gut: So verbindet er geschickt die "Abschnitt"-EP vom Mai letzten Jahres mit „Struggle“ durch das Einsetzen einer Intro- und Outro-Sequenz. „Aber wichtig ist nicht der Fall, sondern die Landung“ - Ein Zitat aus dem französischen Film „Hass“, der einen Tag im Leben dreier Jugendlicher im Banlieue Frankreichs mitverfolgt. Selbst seine Anfangssequenzen sind mehr als passend auf die folgenden und vorherigen Tracks abgestimmt. Wie er darauf gekommen ist, beantwortet der Bieler mir ebenfalls:
Ich finde das Zitat einfach perfekt, denn egal wie tief du fällst, ob du nun arbeitslos bist, Drogen nimmst oder in Depressionen versinkst - es kommt nur darauf an, wie du landest. Denn jeder hat schwierige Zeiten im Leben, aber es zählt nur, dass man da auch wieder rauskommt und auf den Füssen landet.

„Du wirst erwachsen,  jeder deiner Helden verstirbt, denn der Struggle wird nicht weniger,  je älter du wirst." ("Struggle", 2014.)

Cover von "Struggle", 2014. 
Diese leicht melancholische, verträumte hört man beinah immer aus den Texten von Jaza Lain raus. Nicht nur schön, sondern auch ungewohnt klingt dies in Komination mit dem Oldschool-Flavour. So überrascht es nicht, dass sich Jaza andere Vorbilder gesetzt hat, als man sie für einen Rapper erwarten würde: „Ich bin vor 2 Jahren auf Lana del Rey gestoßen, die mich bis heute immer wieder inspiriert. Ihr kaputte Art und unglaublich deepen Texte faszinieren mich sehr.“ Zu Lana und üblichen Verdächtigen wie Mobb Deep oder Hiob gesellen sich noch Künstler wie Adele hinzu, die man als musikalische Vorbilder vielleicht auch nicht unbedingt auf die Kappe eines Rappers schreiben würde. "Wenn ich Adele höre, löst das gewisse Emotionen in mir aus. Weil die beiden mich aber nicht auf musikalischer, sondern auf emotionaler Ebene prägen, kann man keine direkte Verknüpfung zwischen den Künstlerinnen und meiner Musik machen. Es sind die Emotionen, die meine Musik prägen, nicht der Klang.“ Doch bevor die Vorliebe für diese eher seichten, gefühlvollen Melodien kamen, musste seine Liebe zu Rap ja erst einmal gefunden werden. Die Rapformation Chlyklass scheinen da die größte Inspirationsquelle gewesen zu sein, wie Jaza mir erzählt. Die Mischung aus Straßenrap und humoristischen Texten, die stets eine Message mitlieferten, hatte es ihm schon früh angetan. Ob die Berner Crew seine Jugendhelden waren, lässt sich allerdings eher schwer sagen. Zum Wort „Held“ hat Jaza nämlich eine ganz besondere Einstellung, wie er mir erzählt, als ich ihn auf die Zeile „Du wirst erwachsen und jeder deiner Helden verstirbt, denn der Struggle wird nicht weniger,  je älter du wirst“ anspreche:
Diese Helden können fiktiv oder real sein. Es muss nicht einmal unbedingt ein Mensch sein, es kann auch ein Gegenstand sein. Der Held symbolisiert etwas, woran man als Kind glaubte und zu dem man hinauf sah. Denn jedes Kind braucht so etwas. Es gibt einem die Kraft aufzuwachsen, es gibt Sicherheit und Rückhalt. Doch irgendwann lernt man, dass es den Weihnachtsmann oder Osterhasen gar nicht gibt, irgendwann wird einem der Schnuller weggenommen. Nach der Kindheit kommt die Jugend, nach der Jugend kommt die Erwachsenenwelt. Man muss arbeiten gehen und ist auf sich alleine gestellt. Es gibt niemanden mehr der dich hält, wenn du fällst, es gibt keinen Schnuller oder Teddybären der dir Sicherheit vermittelt. Du musst jetzt dein eigener Held sein, denn der Struggle wird nicht weniger je älter man wird.“ Man merkt, wie ausgewählt Jaza seine Lines formuliert. Hinter jeder Zeile, ob mag sie banal klingen, steckt doch ein tieferer Sinn, den man vielleicht als normaler Hörer nicht einmal herausarbeiten kann. Den Versuch sollte man aber dennoch wagen – Denn die „Struggle“-EP ist definitiv nichts zum Nebenbeihören, aber definitv auch ein Werk, welches man nicht verpassen sollte.

„Setze keinen Wert auf ein Image, sondern nur auf Ehrlichkeit. Ich habe ein sehr dunkles Kapitel hinter mir. Unterdessen sehe ich bereits den Boden - zur erfolgreichen Landung muss aber noch einiges getan werden.“

Ich bedanke mich bei Jaza für das Interview und wünsche einem tollen Künstler einen starken Fallschirm für die weiche Landung, die er verdient.



Das Interview in voller Länge nachlesen & downloaden: http://goo.gl/rCWKVG
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„Struggle“- und „Abschnitt“-EP downloaden: www.jaza-music.ch
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Jaza bei Soundcloud: www.soundcloud.com/jazalain
Jaza bei Spreadshirt: http://jazalain.spreadshirt.net/

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